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STOCKHOLM - DIE SCHWIMMENDE STADT

Der Duft frisch gebackener Waffeln weist uns den Weg durch das abendliche Gamla Stan, der Altstadt Stockholms. Aus den verwinkelten Gassen mit ihren südländisch wirkenden Häusern und den verzierten Giebeln aus Ocker und Rot sprudelt bei mildem Wetter das Leben. Stockholm macht gute Laune, ist freundlich und scheint seine Besucher regelrecht anzulächeln.

Ein Spaziergang durch Gamla Stan macht deutlich, dass der zweite Weltkrieg zum Glück an Stockholm vorbeizog. Die Stadt lebt seit etlichen Jahren in Frieden und noch nie fiel eine Kriegsbombe auf sie. Wer nun aber glaubt Deutsche hätten nie etwas mit Stockholm am Hut gehabt, der irrt!

Ab etwa 1350 haben sich viele deutsche Kaufleute hier niedergelassen. Sie haben der Stadt zum Wohlstand verholfen und wurden bald mit Privilegien versehen. Mitten in Gamla Stan steht die prächtige Tyska kyrkan, die um 1600 erbaut, der heute etwa 1800 Mitglieder umfassenden deutschen Gemeinde für ihre Gottesdienste zur Verfügung steht.


Von Gamla Stan aus führen etliche Brücken in alle Himmelsrichtungen in die Stadtteile um die Metropole Stockholm zu bilden.
Jeder, der die Schweden und das Land ein wenig kennt, meint, dass hier die Sommersprossen herkommen müssen und das hier friedliches Zusammenleben erfunden wurde. Wo bei uns und anderswo noch viel diskutiert und weggeschaut wird, funktioniert es in Stockholm seit vielen Jahren sehr gut: Fahrradspuren durchziehen wie selbstverständlich die ganze Stadt, auch wenn dadurch eine Autospur wegfällt, in den Clubs und Restaurants herrscht eine ausgelassene Stimmung - obwohl keiner raucht. Die Stockholmer sind selbstbewusst und freundlich, für sie scheint ein Leben ohne Graffiti und Tagging möglich zu sein ... (beachten Sie die vielen freien Wände auf den Fotos !)

Vielleicht ist es das Allemansrätten, das Jedermannsrecht, das den Schweden den Weitblick beschert. Ursprünglich nur als Reglement für den Aufenthalt in der skandinavischen Natur gedacht, verschafft es vielleicht gerade zur heutigen Zeit die Einsicht, dass selbstverständliche Rechte und der Wunsch nach freier Entfaltung der eigenen Sichtweisen auch etwas mit unangenehmen Pflichten und dem Zurücknehmen egoistischer Meinungsschnöselei zu tun haben.
Natürlich haben auch die Stockholmer ihre Fehler gemacht. Ein Beispiel für die Bausünden der 60er Jahre ist der vollständige Abriss des Klara-Viertels auf Norrmalm mit über 300 Häusern und Arbeitsstätten.
Es entstand der Sergels Torg, um den herum nun sehr viele Hochhäuser stehen, die an Häßlichkeit und architektonischer Einfallslosigkeit schwer zu übertreffen sind. Von hier aus sind es auf dem Sveavägen nur ein paar Querstraßen bis zur Olof Palme Gata. Hier erinnert eine kleine Bodenplatte an den bis heute nicht aufgeklärten Mord an den schwedischen Ministerpräsidenten im Jahre 1986.

Keinenfalls versäumen sollte man einen Ausflug in die Stockholmer Schären. Über 24.000 Inseln erstrecken sich über ein ca. 150 km großes Gebiet. Die Fähren und Dampfer - der wohl prächtigste ist die 1910 erbaute Norrskår - der Waxholmsbolaget, fahren am Strömkajen, gegenüber des Königlichen Schlosses nach Vaxholm und weiter in die Schären.

Beschaulich geht es in Stockholms Freilichtmuseum Skansen zu. Bei einem Spaziergang kann man Schweden en Miniatur entdecken. Hier wurden Häuser, Kirchen und Windmühlen aus vielen Regionen Schwedens abgetragen und in Skansen zu Ansiedlungen wieder aufgebaut bzw. rekonstruiert. Skansen ist auch ein kleiner Zoo in dem die typische Tiewelt Schwedens zu besichtigen ist. Rentiere, Bären, Wölfe und natürlich das schwedischste aller Tiere, der Elch, haben hier ihre Gehege.
Schon die Anreise nach Skansen mach Spaß. Zwischen Skeppbrokajen (Slussen) und Djurgård (Gröna Lund) verkehrt die Djurgårdsfärjan alle 10 Minuten.

Nicht ohne ein gewisses Lächeln und mit Unverständnis kann man nach wie vor die Stockholmer Ess- und Trinkkultur bezeichnen.
In den verschiedenen Reiseführern wird die schwedische Küche hoch gelobt? Da waren wir wahrscheinlich auf der falschen Schäre unterwegs.

Dank IKEA sind uns Köttbullar, Pytt i Panna und Gravad Lax zwar bekannt - aber woher nehmen. In Gamla Stan fanden wir dann ein Restaurant, in dem diese typisch schwedischen Gerichte angeboten wurden: Das aber zu wirklich bemerkenswerten Preisen und mit einem drittklassigen Bier dazu !
Weitaus zahlreicher waren da schon italienische Restaurants zu entdecken. Wer nicht auf Pizza oder Pasta mit skandinavischen Flair steht, der kann sich damit trösten, dass in der Heimat, bei IKEA, das Essen halb so teuer aber doppelt so schmackhaft ist.

Das skurrilste Preiserlebnis hatten wir jedoch auf der Dachterrasse unseres Hotels. Ein Glas Rosé zu je 80 SEK (8,60 Euro) oder ein kleines Bier zu 50 SEK (5,40 Euro) fanden wir doch etwas för dyrt. Vielleicht lag es ja an der Aussicht oder dem schönen Wetter ?
Die Entdeckung Stockholms mit dem Auto sollte man ebenso bleiben lassen. Sehr wenige und sehr teure Parkplätze verderben die Laune. Falschparken schlägt voll auf die Reisekasse. Die wirklich besseren und billigeren Verkehrsmittel sind die Tunnelbana und die Stadtbusse. Tageskarten kosten 60 SEK, Wochenkarten 220 SEK und noch günstiger -weil kostenlos- sind die Fahrten mit der Stockholmskortet. Die Karte gewährt darüber hinaus freien Eintritt in über 75 Museen und Sehenswürdigkeiten. Einzelfahrscheine sollten Sie im Pressbyrån prepaid und damit günstiger kaufen.

Stockholm ist eine wunderschöne, malerische Stadt, die es unbedingt zu besuchen lohnt. Sie bietet immer eine Möglichkeit sich in ihr wohl zu fühlen, trotz Sergels Torg und teilweise horrenden Preisen.

Selma Lagerlöf nannte Sie "die schwimmende Stadt". Theodor Fontane schrieb 1861 "Nichts liest sich lieblicher als eine Sommerschilderung aus Stockholm" Ein schönerer Schlusssatz ließe sich wohl kaum finden ...
von Fred Buschkewitz
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