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DIE SCHÖNE KLEINE SCHWESTER

Denkt man als Nordeuropäer an Spanien, an das Mittelmeer, an lichtdurchflutete Inseln, so denkt man doch eigentlich an Mallorca.
Nein, ich denke an Menorca, ihrer kleinen bezaubernden Schwester.

Mit rund 700 km2 ist sie erheblich kleiner als Mallorca und erhebt wenig Anspruch auf Superlative. Auf ihr glaubt man den Duft längst vergangener Zeiten zu spüren, die Wärme verschiedenster Pastellfarben in Rot, Ocker und Grün.

Menorca kann als Ziel für ruhigen, naturnahen Urlaub empfohlen werden. Die Insel hat keinen einzigen Kilometer Autobahn, keine Hotelburgen, keinen Balneario 6. Sie wird lediglich von einer grösseren Hauptverkehrsstrasse durchzogen, von der kleinere, teilweise sehr beschauliche Strassen an die Strände und Urlaubsorte führen.

Die Menorquis haben glücklicherweise gelernt und Fehler vermieden. Von der UNESCO wurde Menorca 1993 zum „Reserva de la Biosfera“ erklärt. Dadurch wurde aggressives Wachstum der Inselstruktur verhindert, Rücksichtnahme auf die natürlichen und landschaftlichen Werte der Insel standen im Vordergrund. Fast die Hälfte der Grundfläche Menorcas steht heute unter Naturschutz.

Bis auf das Gebiet um Cala d´en Castell steht beispielsweise die gesamte Nordküste bis weit ins Landesinnere, von Mahon im äussersten Osten bis Ciutadella im Westen, unter Naturschutz. Ausgehend von der Bucht von Fornells über das Cap de Cavalleria und die Illa des Porros bis Cap Gros steht zudem ein grosses Wassergebiet unter staatlichem Schutz.

Das sich Menorca nicht nur für den gemeinen Touristen grössten Interesses erweist, wird durch die Geschichte deutlich. Dreimal wurde die Insel von den Briten erobert, einmal von den Franzosen. Heute gehört sie zu Spanien ist aber dennoch very British. Die Invasion der Briten beginnt jedes Jahr im Frühjahr und endet schließlich im Herbst, wenn das letzte Flugzeug vom Mahon Airport abhebt.

Mahon, im Osten der Insel gelegen, wurde erst von den Britischen Besatzern zur Hauptstadt erklärt. Bis dahin hatte Ciutadella das Hauptstadtrecht. Da aber seine Bewohner den Briten nicht gehorchen wollten und sogar gegen Sie rebellierten, erklärten die Briten kurzerhand Mahon zur Hauptstadt Menorcas.

Die allerdings wirklich schönere, mit ihren engen, verwinkelten Gassen und ihren romantischen Farben aus Ocker- und Grüntönen ist Ciutadella de Menorca. Wer in ihr an einem späten Sommerabend durch die Gassen streift, ein Glas Wein am Hafen trinkt und auf dem Placa des Born den warmen Wind aus der Sahara auf seiner Haut spürt, wird ihrem mediterranen Flair ebenso erlegen sein.

Leider gehört nur ein sehr kleiner Teil Menorcas der öffentlichen Hand. Bei einigen unserer Wanderungen mussten wir dies mit Widerwillen hinnehmen. Der Cami de Cavalls, der Weg der Pferde, umrundet ganz Menorca und wurde vom Consell Insular, dem Rat der Insel geschaffen um kontrollierten Zugang auf verschiedene Gebiete zu ermöglichen, ohne dadurch deren Umweltqualität zu schädigen. Leider ist dieser in staatlichen Karten ausgewiesene Weg nicht überall frei begehbar. Viele Menorqinische Landbesitzer mauern sich schlichtweg ein. Auf Tafeln ausgewiesene Wege endeten an vom Eigentümern errichteten Mauern. Menorca lebt allerdings unumstritten insbesondere vom Tourismus und hat es in der Vergangenheit, wie schon zu anderen Gelegenheiten, verstanden ihren grössten Reichtum, das ökologische Gleichgewicht, zu bewahren und gut zu verwalten.

Es drängen sich hier unweigerlich Vergleiche zu Querdenkern auf, die uns jedoch zuversichtlich machen, dass irgendwann auch auf Menorca die errichteten Mauern verschwinden werden. Die kleine Schwester ist zu schön, zu wertvoll, zu bezaubernd.

von Fred Buschkewitz